Umfrage 2002: Die Kompetenz von Verkäufern bei der Telefonakquise

acquisa – September 2002

Die meisten Führungskräfte und Entscheider sind sich einig: die Qualität von Telefongesprächen mit Verkäufern ist miserabel. Das ergab eine Umfrage der Unterhachinger Aktiv Training + Beratung und acquisa.
Von Annemarie Schneider

„Verkäufer lügen, um von der Sekretärin zu mir durchgestellt zu werden. Sie behaupten, dass sie in privater Angelegenheit anrufen“, regt sich der Geschäftsführer eines Veranstaltungsdienstes in München auf. Nicht nur Notlügen, sondern handfeste Fehler stören den Vertriebschef einer Stuttgarter Softwarefirma bei der Akquise per Telefon: »Es wird ohne jeglichen Ansatzpunkt zum Bedarf angerufen. Der Verkäufer geht meist nicht auf die individuellen Bedürfnisse seines Gesprächspartners ein und verhält sich oft auch noch völlig unsensibel.“

Diese Beschwerden haben die Entscheider in mittelständischen und Großunternehmen bei einer Umfrage loswerden müssen. Durchgeführt wurden die Interviews von der Unterhachinger Aktiv Training + Beratung in Zusammenarbeit mit acquisa. Das Thema: „Die Kompetenz von Verkäufern bei der Telefonakquise.“ Auskunft gaben insgesamt 109 Entscheider, die sich aus den Berufsgruppen Geschäftsführer, Vertriebs- und Marketingleiter zusammensetzten.

Verkäufer sind schlecht vorbereitet

Die Qualität der Gesprächsführung per Telefon wurde im Allgemeinen mit der Note „befriedigend“ beurteilt. Etwa 58 Prozent der Befragten gaben diese Wertung ab.
Doch je detaillierter die Fragen wurden, desto schlechter fiel das Resultat aus. So verteilten über 40 Prozent der Entscheider auf die Frage „Inwieweit schafft es der Anrufer eine Sach- und vor allem Beziehungsebene zu Ihnen herzustellen?“ die Note 4. Auch die kommunikativen Fähigkeiten der Verkäufer haben nur bescheidene Ergebnisse erzielt.

Fachkompetenz lässt zu wünschen übrig

Eine Befragung von acquisa und der Aktiv Training und Beratung in Unterhaching unter 109 Entscheidern in mittelständischen und Großunternehmen hat gezeigt: Die Fähigkeiten der Verkäufer bei der Telefonakquise sind äußerst dürftig. Die Interviewten antworteten auf folgende Fragen:
Wie bewerten Sie die Fachkompetenz des Anrufers?
Note 52,75 %
Note 430,28 %
Note 349,54 %
Note 216,51 %
Note 10,92 %
Wie individuell geht der Anrufer mit seinem Angebot auf Sie, Ihre Situation, Ihren Bedarf ein?
Note 58,33 %
Note 432,41 %
Note 351,85 %
Note 27,41 %
Note 10,00 %

Jede zweite Führungskraft hält diese für „befriedigend“. Jede vierte aber nur noch für „ausreichend“. Jeder Zweite der Interviewten hat zudem das Gefühl, dass Verkäufer anrufen, ohne sich vorher über das Unternehmen informiert und Bedarfsanalysen durchgeführt haben. Die Angebote sind deshalb viel zu pauschal und dadurch für die Entscheider nicht interessant. Dementsprechend kurz sind die Gespräche mit den Verkäufern. “

Die Anrufe werden nach zirka drei Minuten von mir beendet“ sagt der Geschäftsführer eines Logistikunternehmens. Auch die anderen Interviewten verabschieden sich sich schnell vom Anrufer. Auf die Frage „Wie lang schätzen Sie durchschnittlich die Dauer eines Akquiseanrufs bei Ihnen?“ gaben mehr als 40 Prozent an, nach zwei bis fünf Minuten das Gespräch zu beenden. Und fast die gleiche Prozentzahl sagt schon nach ein bis zwei Minuten ade. Nur zwölf Prozent unterhalten sich mit dem Anrufer bis zu zehn Minuten.

Anrufe gleichen einem Überfall

Neben der schlechten Vorbereitung stören die Entscheider am häufigsten langatmige Monologe, die einsetzen, sobald der Ansprechpartner auf der anderen Seite abhebt. „Der Verkäufer erwartet, dass man sofort Zeit hat und bereit ist, sich zu unterhalten“, erzählt der Chef einer Consulting-Firma ärgerlich. Eine Führungskraft der Silicon Graphics GmbH im bayerischen Grasbrunn fügt hinzu: „Meist wird mit der Tür ins Haus gefallen. Und jeder behauptet, sein Objekt sei das einzig Hundertprozentige.“ Da der Anruf die Entscheider meist aus einem anderen Arbeitsvorgang herausreißt, fühlen sich viele von den Verkäfuermethoden überrumpelt.
Das Telefonat vergleichen diese Befragten deshalb mit einem Überfall. Beschwert haben sich einige der Befragten auch über die Art und Weise der Gesprächsführung: „Es wird nicht frei gesprochen, sondern ein Standardrepertoire heruntergespult.“ Zudem sei das Angebot meist nicht klar formuliert oder es werde zu schnell gesprochen, wodurch man sich oft bedrängt fühle. Klingen die Stimmen der Verkäufer dann noch nicht ehrlich, ist der Weg zu einem Termin vor Ort verbaut. Die Dissonanzen in der Stimme unterscheiden sich nach dem Geschlecht. Die Geschäftsführerin eines Maschinenbauunternehmens in Düsseldorf betont: „Frauen sind häufig überfreundlich und wecken dadurch Misstrauen, und Männer haben oft etwas viel zu Unterwürfiges in der Stimme.“ Die Liste der Vorwürfe lässt sich beliegig erweitern: Den einen nervt es, dass er während des Gesprächs 15 Mal seinen Namen wiederholen muss, weil ihn der Verkäfuer sich nicht merken kann. Der andere beschwert sich darüber, dass er zu massiv gedrängt wird, einen persönlichen Termin zu vereinbaren. Und wieder anderen dauert es zu lange, bis der Anrufer auf den Punkt kommt.
Ein Interviewter aus dem Hightext Verlag in München fasst die Lage für sich zusammen: „Der Verkäufer hat kein Interesse an dem Kunden an sich. Die Argumentation ist produktzentriert und nicht kundenzentriert. Damit verderben die Verkäufer auch die Reputation des eigenen Unternehmens.“ Die potenziellen Kunden bekommen dadurch das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. „Zu allem Übel werden oft auch Call-Center engagiert, die oberflächlich anfragen und schon bei der ersten Nachfrage abbrechen und Ausflüchte bringen. Ein Gespräch mit einer kompetenten Person wird gar nicht angeboten“, sagt die Marketingleiterin eines Maschinenbauunternehmens.

Entscheider wünschen sich mehr Sachkompetenz

Trotz all der negativen Äußerungen der Entscheider: Der Wunsch nach einem kompetentem Gesprächspartner, mit dem sie ins Geschäft kommen können, ist groß. Der Verkäufer muß allerdings eine wesentliche Voraussetzung mitbringen: er muss Problemlöser sein. Und dazu muss er die Situation des jeweiligen Unternehmens kennen. Der Geschäftsführer eines Dentallabors sagt: „Ich will pure Informationen. Deshalb soll der Verkäufer gleich im ersten Satz den Nutzen für das Unternehmen nennen können.“

Beziehungsebene sträflich vernachlässigt

Die Mehrheit der Verkäufer schafft es nicht, am Telefon eine Beziehung zum Gesprächspartner aufzubauen. Die Unterhaltung endet deshalb meist nach wenigen Minuten. Das ergibt die Auswertung der Befragung unter Entscheidern:

Inwieweit schafft es der Anrufer eine Sach- und vor allem eine Beziehungsebene zu Ihnen herzustellen?
Note 58,49 %
Note 441,51 %
Note 336,79 %
Note 211,32 %
Note 11,89 %
Wie lang schätzen Sie durchschnittlich die Dauer eines Akquiseanrufs bei Ihnen?
weniger als 1 Minute6,60 %
1 bis 2 Minuten36,79 %
2 bis 5 Minuten44,34 %
5 bis 10 Minuten11,32 %
bis zu 15 Minuten0,94 %

Weniger streng mit den Verkäufern ist der Geschäftsführer eines Systemhauses: Seiner Meinung nach sollte neben dem Kundennutzen auch die Höflichkeit und Freundlichkeit nicht zu kurz kommen. Er lässt sich nur durch die richtige Mischung überzeugen. Ein weiterer Wunsch der Befragten: Vorab sollte recherchiert werden, ob überhaupt an dem Produkt Interesse bestehen könnte. „Ich erwarte grundsätzlich die Frage, ob ich überhaupt Zeit habe, eine Erklärung, warum ich zuhören sollte und warum das Angebot genau für mich interessant sein könnte“ sagt der Geschäftsführer einer Leasingfirma. Seine schlimmste Erfahrung: Es sei schon einmal passiert, dass ihm ein Verkäfuer am Telefon Leasingverträge angeboten habe. Aus diesem und ähnlichen Gründen müssen die Verkäfuer mehr tun, als sich ans Telefon zu hängen und nach dem Trail-and-Error-Verfahren die Tasten zu drücken. Es wird vor allem Kontinuität und Überlegungsspielraum erwartet. Das heißt auch: sich flexibel auf den Persönlichkeitstyp des Kunden einzustellen.

Der Kundennutzen führt zu einem Termin vor Ort

Letztendlich kann nur der Termin vor Ort das Ziel des Anrufs sein. Ein Kauf beim ersten Kontakt am Telefon kommt für die Entscheider nicht in Betracht. Die Frage „Unter welchen Bedingungen sind Sie bereit, telefonisch einen Auftrag zu erteilen?“ beantwortete jede zweite Führungskraft mit „Nie“. 26 Prozent würden mit dem Anrufer ins Geschäft kommen, wenn das andere Unternehmen bekannt und das Vertrauen zum Verkäfuer groß ist. 18 Prozent der Interviewten schließen Verträge grundsätzlich nur schriftlich ab und die restlichen sechs Prozent wollen im Vorfeld schriftliche Unterlagen sehen. Wenn der Verkäufer es schafft, dass Interesse zu wecken, ist auf jeden Fall ein Termin vor Ort in greifbarer Nähe. Auch das hat die Befragung gezeigt.
Auf die Frage „Unter welchen Voraussetzungen sind Sie bereit zu einer persönlichen Terminvereinbarung?“ antworteten 81 Prozent der Entscheider, dass sie einen Termin vereinbaren würden, sobald der Bedarf und der Nutzen für das eigene Unternehmen klar seien. 20 Prozent möchten vorher noch Schriftverkehr oder Unterlagen vom Verkäufer. Nur sieben Prozent würden am Telefon niemals einen Termin ausmachen. Gelockt werden die Führungskräfte auch von Produkten, die erst neu auf den Markt kommen. „Wenn es sich um eine Neuheit handelt und der Termin sinnvoll ist, bin ich gern bereit, einen zu vereinbaren“, meint einer der Interviewten. Und der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens sagt: „Immer dann, wenn es mich bei meinen Bedürfnissen packt. Wenn ich das Gefühl habe, man bietet mir eine Leistung an, die ich schon einmal im Kopf hatte. Dann ist eine kompetente Telefonakquise für mich die Gelegenheit, mir das Produkt oder die Dienstleistung zu besorgen.“

Entscheider am Telefon gekonnt akquirieren

Mit einem Entscheider führen Verkäufer nur dann ein erfolgreiches Akquisegespräch per Telefon, wenn er über das Unternehmen des potenziellen Kunden genau informiert ist. Das hat eine Befragung von Aktiv Training + Beratung in Unterhaching und acquisa ergeben. Claudia Fischer, die Inhaberin der Aktiv Training + Beratung, gibt Tipps, welche Punkte ein Verkäufer dabei berücksichtigen muss: Verkaufs- oder Akquiseanrufe werden deutlich stärker als früher bereits von der Sekrtärin im Vorzimmer „geblockt“. Erreicht der Anrufer seinen eigentlichen Adressaten, dann hat er wenig Zeit, denn spätestens 20 bis 30 Sekunden nach der Begrüßung sind die Würfel für den Entscheider gefallen. Auf der anderen Seite belegt eine DDV-Studie in deutschen Unternehmen die steigende Bedeutung des Driektmarketings. Eine Diskrepanz, die bereits Konsequenzen hat. Experten sehen einen Trend „weg von der Masse und hin zu mehr Klasse“ im Kundenkontakt.
Für die Praxis bedeutet das eine zunehmende Wertschätzung des Telefons, das in vielen Unternehmen eine Renaissance erlebt – gerade im Vertrieb. Achten Sie deshalb auf folgende Punkte: – Qualifizierung Finden Sie im Vorfeld heraus, wer Ihr Ansprechpartner ist und welche Geschäftsfelder das Unternehmen bietet. – Vorbereitung Überlegen Sie vor den Telefongesprächen, in welchen Bereichen Sie Ihre Produkte oder Dienstleistungen an die zu akquirierende Zielgruppe anpassen können. – Glaubwürdikeit Nutzen Sie Image und Ansehen Ihres Unternehmens. Welche Erfolgsbeispiele oder Referenzen können Sie vorweisen? Von besonderem Interesse sind dabei Beispiele, die zur jeweiligen Zielgruppe passen. – Satz zur Sache Kommen Sie auf den Punkt. Gestalten Sie die ersten 20 bis 30 Sekunden nach der Begrüßung konkret, also mit Vorstellung Ihrer Person, Ihres Unternehmens und dem Grund Ihres Anrufs. Bieten Sie dem Gesprächspartner außerdem zwei „Schmankerl“ in Form von konkreten Nutzenvorgriffen. – Kunde in den Vordergrund Wählen Sie Sprachmuster der Profi-Verkäufer, analysieren Sie mit offenen Fragen und senden Sie Sie-Botschaften. – Kundenorientiertere Nutzenargumentation Machen Sie Ihrem Kunden klar, welchen Nutzen er vom angebotenen Produkt oder der Dienstleistung hat und warum er gerade bei Ihnen kaufen sollte, selbst wenn ein Wettbewerber billiger ist. – Persönliche Ausstrahlung: Nehmen Sie Widerstand oder Einwände nicht persönlich. Überzeugen Sie durch ehrliches Interesse, Motivation, souveräne Freundlichkeit und charmanten Verkaufsbiss.