Hannoversche Allgemeine: Beruf und Bildung – September 2001
Über Sympathie oder Antipathie entscheiden Sinneseindrücke, beim Telefonieren die Stimme. Die Telefontrainerin Claudia Fischer aus Unterhaching weiß, was richtiges Zuhören ausmachen kann.
Welche Rolle spielen in einem Telefongespräch die Argumente?
Es ist wie beim persönlichen Gespräch. Der Inhalt des Gesagten ist das Eine. Wichtiger ist jedoch die Art, wie jemand seine Botschaft übermittelt. Die Stimme sowie Rhythmus und Tempo der Sprache haben einen großen Anteil am Erfolg des Gesprächs. Experten sagen, dass das Hören zu 87 Prozent, der reine Sachinhalt des Gesagten nur zu 13 Prozent über den Eindruck am Telefon entscheidet.
Was kommt wie an?
Der Gesprächspartner wird sehr schnell als sicher oder unsicher, freundlich oder barsch, arrogant oder verbindlich eingestuft -allein auf Grund der Klangfarbe und Modulation, der Tonhöhe und des Volumens seiner Stimme. Der Zuhörer verbindet einen warmen Klang der Stimme automatisch mit menschlicher Nähe. Und eine Aufforderung wirkt besonders höflich, wenn dem Satz ein „Bitte“ vorweg gestellt wird.
Höflichkeit über alles?
Es reicht, wenn man positive und vor allem eindeutige Formulierungen wählt. Damit baut man Brücken. „Das kläre ich gern für Sie ab“ statt „Ich bin nicht sicher“ oder „Ich rufe Sie morgen gegen lO Uhr an“ statt „Ich versuche, Sie morgen anzurufen“. Unterschiedliche Aussagen wirken allein durch die Art der Formulierung. Deshalb kann man mit einfachen Mitteln ein positives Gesprächsklima am Telefon schaffen.
Welche Rolle spielt die Tonhöhe oder die Lautstärke?
Wenn der Partner leise spricht, sollte man eine Nuance lauter antworten, um so Selbstsicherheit zu signalisieren. Auf eine sehr laute Stimme reagiert man am besten eine Spur leiser, um beim anderen Aufmerksamkeit zu bewirken. Üben kann man übrigens auch die Balance von Sprechen und Zuhören sowie die Verwendung von produktiven Pausen. Ein ungebremster Redeschwall lässt sich durch persönliche Anrede oder Schweigen stoppen. Der Gesprächspartner wird stutzen – und schon hat der andere die Möglichkeit, wieder die Führung zu übemehmen. Weiterer Tipp: Lächeln beim Telefonieren entspannt die Muskeln. Der Sprechende wirkt automatisch freundlicher und überzeugender. Wer mit ernstem Gesicht telefoniert, hat meist eine fordende Stimme.
Also vermittelt die Stimme selbst Inhalte.
Aus Tonhöhe oder Klang werden beispielsweise Rückschlüsse auf die Qualität der Beratung, die Untemehmenskultur oder das Kulanzverhalten gezogen.
Wie geht man sinnvoll aufeinander ein?
Man sollte das Material des Gegenübers benutzen: Ein visuell bestimmter Mensch versteht eine bilderreiche Sprache gut. Demgegenüber ist beim auditiven Typ ein „Das hört sich gut an “ als ein „Das sehe ich ein“ angebracht. Um heraus zu bekommen, zu welchem Typ der andere gehört, muss man zuhören – und mitdenken. Dringend nötig ist also eine Analyse der Wortwahl des anderen, um die eigene anpassen zu können.
Zunören? Das tue ich doch die ganze Zeit.
Ich meine aktives Zuhören, also RÜckschlüsse vom Gesagten auf das tatsächlich Gemeinte ziehen. Beides ist keineswegs immer identisch. Die Sprache steckt voller Fallen, die Missverständnisse verursachen. Man muss lernen, Interpretationen jeder Art zu unterlassen, Fragen zu stellen, wichtige Daten und Telefonnummem sofort zu wiederholen und am Ende des Gesprächs den Inhalt nochmals zusammenzufassen. Auch das „Schubladendenken“, also das automatische Klassifizieren von Situationen und Menschen, sollte aus dem Verhaltensrepertoire gestrichen werden.
Mit Claudia Fischer sprach Ralf-Günther Münchow