Mittelständische Unternehmen messen dem Innendienst zunehmend eine große strategische Bedeutung bei. Doch in der Praxis ergeben sich ungeahnte Hürden – besonders, was die Abstimmung mit dem Außendienst angeht. Der Beitrag zeigt Ursachen und mögliche Lösungswege.
Treffer für »Außendienst« beim Job-Portal monster.de: rund 1 500. Treffer für »Innendienst «: etwa 500. Zugegeben, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit mag das noch eine relativ gute Quote sein, zeigt allerdings auch das Verhältnis zwischen beiden Abteilungen: Vielerorts machen Befürchtungen die Runde, dass ein hochgerüsteter Außendienst dank immer intelligenter werdenden IT-Systemen den Innendienst irgendwann überflüssig werden lassen. Aber noch ist es nicht so weit und wird es auch so bald nicht sein. Die Tage derer, die im Büro um den täglichen Umsatz kämpfen, sind keinesfalls gezählt. Wichtig ist jedoch die Symbiose zwischen beiden Abteilungen.
Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen kommt den »Inhouse-Verkäufern« eine große Bedeutung zu. Es gibt eine klare Aufgabentrennung zwischen Innen- und Außendienst: Der Innendienst gilt dabei vor allem als Kontaktstelle zum Kunden, wenn Probleme auftreten. Er übernimmt inzwischen zunehmend auch vertriebliche Aufgaben und bildet quasi einen Gegenpart zum Außendienst.
Vielleicht gerade deshalb ist das Verhältnis beziehungsweise die Kommunikation zwischen beiden Fronten oft verhärtet: Der Innendienst weiß oft viel zu wenig, was der Außendienst tut und umgekehrt. Dabei sollten sich laut Peter Winkelmann, Professor für Marketing und Vertrieb an der Fachhochschule Landshut, beide doch eher zusammenarbeiten: »Mehr Beratung, mehr aktive Beziehungsarbeit und mehr konzeptionelle Unterstützung für den Außendienst lautet die Devise für den Innendienst.«
Wenn der kostenintensive Außendienst zukünftig bestimmte Kunden-Cluster nicht mehr besuchen oder intensiv pflegen kann, kommen eben verstärkt beratende und konzeptionelle Aufgaben auf den Innendienst zu. Und auch eine absatzorientierte Ausrichtung des Inhouse-Teams gewinnt an Bedeutung: »Vor allem ist mehr aktiver Verkauf aus dem Innendienst heraus angesagt«, analysiert Winkelmann. Insofern müsse dieser künftig einfach neue Aufgaben übernehmen, manche sprechen gar von seiner steigenden strategischen Bedeutung.
Damit der Innendienst aber nicht länger als »Vertrieb zweiter Klasse« betrachtet wird, muss er als ein gleichrangiger Partner im Kundenmanagement angesehen werden. Insofern bekommt ein professionelles Innendienst-Management eine noch höhere Bedeutung. »Doch leider wird gerade an dieser Stelle oft gespart«, sagt Kommunikationsexpertin Claudia Fischer. Denn vor allem bei diesen Mitarbeitern sind die Kriterien bei der Einstellung oft hanebüchen. So versuchten es viele Unternehmen beispielsweise mit Frau Huber, weil sie eine tolle Telefonstimme hat. Ihre sonstigen vorhandenen oder eben auch nicht vorhandenen Qualifikationen blieben da schon mal gerne außen vor.
Erstaunlicherweise sei es dann beispielsweise egal, ob Frau Hubers Englischkenntnisse ausreichend für das internationale Umfeld sind, wie effektiv sie ist oder wie ihre vertrieblichen Fähigkeiten sind. Deshalb sollten Unternehmen bei der Einstellung neuer Mitarbeiter – egal ob für Innen- oder Außendienst – ihre grundlegenden Voraussetzungen überprüfen.
Gut beraten sind die Unternehmen dabei immer mit einem professionellen Verhaltenstest für den einzelnen Mitarbeiter. Sowohl für den Vertriebsinnendienst beziehungsweise Telesales-Mitarbeiter als auch durchaus für den Außendienst empfiehlt Fischer eine Effektivitäts-Verhaltensanalyse. Eine solche Analyse bietet den Vorteil, dass jeder Teilnehmer gezielt sein Selbstbild analysiert, sich dementsprechend besser einschätzen kann.
Die Ergebnisse umfassen zwei Teile: Erstens die Grundeffektivität wie Zielorientierung, persönliche Fertigkeiten, Kompetenzen oder Identifikation der Mitarbeiter. Zweitens den Vertriebsregel-kreis: Hier werden beispielsweise Marktbewusstsein, strategische Ausrichtung, strukturiertes Arbeiten, Kontaktaufbau oder Abschlussfähigkeiten unter die Lupe genommen.
Doch auch die beste Analyse und das beste Training nützen nichts, wenn die Motivation fehlt: Zwar sagt keiner, dass die tägliche Arbeit mit eventuell sich beschwerenden Kunden eine leichte Aufgabe wäre. Doch unmotivierte Mitarbeiter können – ja manchmal sogar wollen – keine wirklich gute Leistung erbringen.
Geht es beispielsweise um schwierige Situationen oder schwierige Kunden, ziehen es Mitarbeiter manchmal vor, nicht zum Hörer zu greifen. Statt dessen warten sie, ob ein anderer Kollege abnimmt, nach dem Motto: »Super, dieses Gespräch muss ich jetzt schon nicht mehr führen«. Diese Einstellung kann sich schnell zu einem Dauerzustand auswachsen.
Ebenfalls gibt es negative Glaubensmuster, die vertriebliche Gespräche ausbremsen: »Nein, den rufe ich nicht mehr an, der hat mir ja schon im letzten Gespräch gesagt, dass er einen festen Lieferanten hat«, wird gern als Ausrede formuliert. Da hilft es wenig, wenn der Kunde in der Zwischenzeit zwar sogar ein neues, passenderes Angebot bekommen hat – wenn der Nachfassanruf auf der Strecke bleibt, geht das Geschäft flöten. In der Auffassung des Verkäufers hätte sich der Kunde schließlich auch selber melden können.
Dabei werden gerade im persönlichen Gespräch wertvolle Informationen über den Kunden gesammelt und neue Ideen entwickelt. Denn neben getroffenen Vereinbarungen sollten auch Geburtstage, Urlaubspläne oder Hobbys notiert werden. Schließlich spürt jeder Mensch ehrliches Interesse an seiner Person. Gefühle wie Begeisterung stecken an. Informationen auf der Beziehungsebene ermöglichen einen eleganten Ein- oder Ausstieg bei einem Kundengespräch. Das wirkt positiv und gibt dem Gegenüber das Gefühl, wahrgenommen zu werden.
Leider stellt sich auch oft bei der Datenpflege der Schlendrian ein. Denn obwohl man den Begriff Customer Relationship Management (CRM) meist nur im Zusammenhang mit dem Außendienst hört, sind zumeist die Innendienstler die Hauptanwender von Kundenmanagement-Software. »Eigentlich sind vor allem sie für den Datenfluss und -austausch zwischen Kunde und Unternehmen verantwortlich«, so CRM-Berater und Experte Wolfgang Schwetz aus Karlsruhe.
Doch häufig werden die Informationen vom Mitarbeiter nicht in das System eingepflegt. Stattdessen: Zettelwirtschaft, diverse Access-, Word- oder Excel-Dateien auf dem eigenen Rechner, damit auch wirklich niemand weiß, was der andere macht. Dabei würde eine kontinuierliche Pflege des CRM-Systems die tägliche Arbeit aller Beteiligten erleichtern: Informationen könnten schnell erfasst werden und stehen anschließend unternehmensweit zur Verfügung.
Aber oft scheitern solche Ansätze gerade daran, dass sie von den einzelnen Mitarbeitern nicht gewollt sind. Schuld ist unter anderem der »Futterneid« zwischen den einzelnen Verkäufern. »Jede Kuh denkt, dass das Gras auf der Nachbarweide saftiger, also das Aufgabengebiet des anderen besser ist«, erzählt Fischer aus Berichten ihrer Seminarteilnehmer – ganz nach dem Motto »Deine Kunden möchte ich, ja, dann würde ich auch mehr verkaufen.« Angeblich herrscht in Industriegebieten oder Ballungsräumen, die der Kollege betreut, eine höhere Kaufbereitschaft. Manche Daten und sei es die Handynummer würden schon deshalb nicht eingepflegt, weil ein anderer sie sehen und nutzen könnte.
Vieles liege an der Einstellung des Verkäufers: In einer Art selbst erfüllenden Prophezeiung bestätige sich dieser Glaubenssatz dann auch irgendwann und irgendwie. Denn wenn die Einstellung nur negativ genug sei, fänden sich viele Ausreden. Genau hier sind die Führungskräfte gefordert: Regelmäßigen Mitarbeitergespräche und die gemeinsamen Festsetzung von Zielen sind dazu da, die Motivation in der eigenen Abteilung aufrecht zu halten und die tägliche Arbeit zu verbessern.
Eines steht auf jeden Fall fest: Dem vertriebsorientierten Innendienst kommt ebenso wie dem Mitarbeiter im direkten Verkauf die Aufgabe zu, die Bedürfnisse der Kunden gezielt zu wecken, fachgerechte Lösungen professionell anzubieten und die Beziehungen zu Bestandskunden langfristig zu pflegen. Nur so können gezielt weitere Aufträge gewonnen werden. Der Innendienst sollte vor allem auch Kontaktstelle sein, wenn Probleme auftreten.
»Jeder Mitarbeiter im Innendienst muss begreifen, dass er im Service arbeitet «, sagt Kommunikationsexpertin Fischer. Doch dieses Potenzial lässt sich nur nutzen, wenn Außendienst und Innendienst künftig verstärkt in gemeinsamen Verkaufsteams miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.
Tipp:
Zwei Welten verbinden
Gemeinsame Ziele sind die Grundlage, die Welt des Außen- und Innendiensts miteinander zu verbinden.
Das sind zum Beispiel:
- Mehr Umsatz und Gewinn pro Kunde: Dazu gehört die gemeinsame Potenzialausschöpfung bei bestehenden Kunden.
- Produktivitätssteigerung: Das systematische Einbeziehen des Innendienstes in die Sales-Prozesse und die Verzahnung von Innen- und Außendienst sichert höhere Produktivität.
- Mehr neue Kunden: Die Neukundenakquisition ist für viele Außendienste noch immer nicht selbstverständlich.
- Steigerung der Loyalität bei bestehenden Kunden: Der Innendienst prägt mit seinen Kontakten entscheidend das Image mit, das der Kunde vom Unternehmen hat.
Quelle: Der neue Innendienst,
Gabler Verlag 2008
So klappt‘s auch mit dem Innendienst
- Kommunikation zwischen Außen- und Innendienst fördern und festigen
- Mehr Beratung, mehr aktive Beziehungsarbeit und mehr konzeptionelle Unterstützung für den Außendienst
- Dem Innendienst seine strategische Bedeutung klar machen
- Schon bei der Neueinstellung auf qualifizierte Mitarbeiter Wert legen
- Innendienst motivieren, Kundendaten zu sammeln und im CRM-System festzuhalten, gegebenenfalls sind auch Coaching-Maßnahmen angebracht, um den tieferen Sinn dahinter zu verstehen