Ist Gedankenlesen bald möglich?

Neuroforschern um der University of California in Berkeley ist jetzt ein wichtiger Schritt zum Verständnis der akustischen Sprachverarbeitung des Gehirns gelungen (www.plosbiology.org): Sie konnten aus den Hirnwellen von Patienten ablesen, welche Wörter diese gerade hören. Dazu nutzen sie die Versuchsbedingungen, die sich während neurochirurgischer Eingriffe bei 15 Patienten mit Epilepsie oder Tumor ergaben: Die Wissenschaftler konnten ihre Elektroden direkt an die Hirnrinde der Patienten anlegen – einer für die Sprache wichtigen Region.

Während den Studienteilnehmern verschiedene englische Wörter vorgelesen wurden, zeichneten die Neuroforscher die dabei im Gehirn entstehenden elektrischen Signale auf. Damit gelang es ihnen, über einen Computer Laute zu erzeugen, die von anderen Forschern mit einer großen Wahrscheinlichkeit als die ursprünglich gesprochenen Wörter erkannt wurden.

Gedachtes hörbar machen

Die entscheidende Frage ist nun, ob auch Wörter, die nur gedacht werden, ähnliche Hirnsignale produzieren wie die gehörten Wörter. „Es gibt einige Belege, dass sich Wahrnehmung und Vorstellung im Gehirn gleichen“, sagt Neuroforscher Brian Pasley und meint weiter: „Wenn man die Beziehung zwischen den Aufzeichnungen aus dem Gehirn und dem Klang gut genug verstehen würde, wäre es möglich, hörbar zu machen, was eine Person gerade denkt.“

Von Menschenkenntnis, Empathie und Telefontraining

Menschenkenntnis bedeutet, in der Lage zu sein, durch Verhalten und Wahrnehmung Rückschlüsse auf Charakter, Einstellungen oder Werte zu ziehen. Empathie heißt, sich in die Lage eines anderen Menschen einzufühlen und mitzufühlen, ohne dabei die eigene Position zu verlieren. Für Menschenkenntniss und Empathie sind Interesse an anderen Menschen und Aufmerksamkeit Voraussetzungen. Insofern ermöglicht beides zuweilen das sogenannte „Gedankenlesen“. Im Telefontraining erlebte ich eine Teilnehmerin mit der Gewohnheit, ihre Aussagen mit Negationen zu wiederholen. Dadurch litt die Information der Nachricht, der Zuhörer wurde eher verunsichert. Im passenden Moment stellte ich die These auf, dass sie so auch im Privaten spricht. Ihre Antwort: „Können Sie Gedanken lesen? Ich habe gerade an meinen Mann gedacht. Er würde sich wahrscheinlich freuen, wenn ich mich manchmal kürzer hielte…“