RHETORIK-TRAINER – Februar 2006
Kennen Sie das? Sie müssen einen wichtigen Anruf erledigen, zum Beispiel bei einer Firma oder Behörde. Als Sie endlich durchkommen, haben Sie den Eindruck, mit Ihrem Gesprächspartner nicht richtig warm zu werden. Nach kurzer Zeit sind Sie frustriert, und am Ende bleibt das ungute Gefühl, dass Sie mit Ihrem Anliegen nicht so weit gekommen sind, wie Sie eigentlich wollten. Umgekehrt hatten Sie vielleicht auch schon einmal das Gefühl, einen Menschen am Telefon verschreckt zu haben, indem Sie einfach das Falsche gesagt haben. Sie kamen mit Ihrem Anliegen irgendwann nicht mehr durch, weil man Ihnen am anderen Ende des Hörers schon nicht mehr richtig zuhörte. Die Telefontrainerin Claudia Fischer zeigt in ihrem Buch „Telefonpower“, wie sich solche Situationen schon mit wenigen Kniffen vermeiden lassen.
- Bleiben Sie immer freundlich. Das sollte selbstverständlich sein, doch diese Regel wird häufig missachtet. Behalten Sie auch bei Anschuldigungen und sogar bei Beleidigungen einen kühlen Kopf. Wenn Ihnen eigentlich danach zumute ist, unverblümte Kritik zu äußern, dann wandeln Sie sie lieber in eine Frage um: »Was schlagen Sie vor?« Eine andere Möglichkeit wäre auch, das zu wiederholen, was der Gesprächspartner vor seinen kritischen Worten geäußert hat. In jedem Fall sollten Sie beim Sprechen lächeln. Man wird es Ihnen anmerken.
- Gehen Sie auf den anderen ein. Es gibt verschiedene „Telefonierertypen“, akzeptieren Sie jeden in seiner Besonderheit. Geschlossene Fragen, die sich mit einem simplen „ja“ oder „nein“ beantworten lassen, gebieten demjenigen Einhalt, der dazu neigt, sich in Nichtigkeiten zu verlieren. Offene Fragen, die einer längeren Antwort bedürfen, locken dagegen denjenigen aus der Reserve, der nur einsilbig und zögerlich antwortet. So können Sie ein Gespräch geschickt lenken. Bei misstrauischen Menschen vermeiden Sie Suggestivfragen (»Sie wollen doch sicher auch, dass …?«), die beim Empfänger oft ein ungutes Gefühl hinterlassen. Dem Besserwisser entgegnen Sie am besten mit einer Bestätigung: »Ich höre, Sie kennen sich gut aus.« Je höher Ihr Einfühlungsvermögen ist, desto leichter gewinnen Sie Zugang zum Telefonpartner.
- Verlieren Sie nicht zu viel Zeit. Bringen Sie Ihr Anliegen innerhalb der ersten 40 Sekunden hervor. Nach etwa drei Minuten beginnt die Aufmerksamkeit des Gegenübers zu sinken, nach fünf Minuten beschleunigt sich diese Abnahme. Smalltalk hat zwar durchaus seinen Sinn – jedoch erst am Ende eines Gesprächs und dann auch nur, wenn er zur Sache passt. (Das gilt natürlich nicht für Gesprächspartner, die Sie schon näher kennen – aber mit denen haben Sie ja auch die hier dargestellten Probleme nicht.)
- Achten Sie auf Ihre Worte. Formulieren Sie die Dinge positiv. Sagen Sie nicht: „Ich bin nicht sicher, ob das geht.“ Sagen Sie lieber: „Ich will gerne versuchen, das für Sie zu klären.“ Auch Floskeln wie „ehrlich gesagt“ oder „ganz offen gesagt“ werden bei Ihrem Gesprächspartner eventuell negativ aufgenommen. Er könnte sie nämlich so auffassen, als seien Sie bisher nicht ehrlich oder offen gewesen. Telefonieren Sie also bewusst – Sie werden sehen, dass Ihr Gegenüber Sie nicht nur besser versteht, sondern dass Sie beide auch mehr Spaß an dem Gespräch haben.
Er verliert gegen seinen Schweinehund und schiebt das Telefonieren auf. „So werden anstehende Gespräche mit der Zeit zu einer schier erdrückenden Last“, weiß Claudia Fischer, Top-Spezialistin für telefonische Kommunikation, Telefonverkauf und -akquisition aus Unterhaching bei München. Solche Vermeidungsstrategien mindern das Selbstwertgefühl und führen zu einer negativen Grundeinstellung, die für jedes Telefonat kontraproduktiv ist. Doch es geht auch anders. Das Ziel: den inneren Schweinehund zu kontrollieren und eine positive Einstellung zu gewinnen! Wie das geht? Mit professioneller Selbstorganisation, positivem Denken und der richtigen Eigenkonditionierung. „Es gilt, Verhaltensweisen zu entwickeln und Reflexe aufzubauen, die sich dauerhaft konditionieren und abrufen lassen“, erklärt die Telefonexpertin. Das funktioniere ganz so wie bei den bekannten Pawlowschen Hunden, bei denen eine bestimmte Reaktion auf einen Klingelton konditioniert wurde.
Vorbereitung als Basis
Schon im Vorfeld sollte der Anrufer für unterschiedliche Arten von Gesprächen, zum Beispiel die Neukundenakquise oder den Telefonverkauf, spezifische Konzepte und Routinen ausarbeiten – und zwar abgestimmt auf die jweiligen Branchen und die Bedürfnisse der Kunden. Außerdem sinnvoll sei ein Telefonleitfaden mit Formulierungen, die sowohl zum Anrufer als auch zum Gesprächspartner passen.
Wichtige Telefonate sollten zeitlich fest im Tagesablauf eingeplant werden. Auf diese Weise würden typische Aufschiebestrategien hinfällig. Gespräche mit ähnlicher Zielsetzung führt der Anrufer laut Claudia Fischer am besten kurz nacheinander, denn der enge Zeitkorridor hat für die renommierte Trainerin einen entscheidenden Vorteil: „Die zunehmende Vertrautheit mit dem Thema gibt Sicherheit und Selbstvertrauen. Mit der richtigen Planung werden also unangenehme Black-outs weitgehend ausgeschlossen.“ Zudem beginne der Tag viel positiver, wenn der Anrufer wisse, was ihn erwarte und wie er am besten damit umgehe. Wichtig vor jedem Telefonat: „Unbedingt die eigene Laune und die Gesamtsituation kritisch überprüfen.“ Gereiztheit, Nervosität, Stress und Zeitdruck seien Störfaktoren, die ein Gespräch negativ beeinflussen könnten. In diesem Fall sei es unter Umständen besser, das Telefonat tatsächlich zu verschieben – allerdings keinesfalls auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Keine Chance dem Selbstbetrug
Claudia Fischer mahnt Aufrichtigkeit an: „Wer ehrlich zu sich selbst ist, der weiß, dass er sich mit Vermeidungsstrategien selbst etwas vormacht.“ Kaffee kochen, E-Mails schreiben, scheinbar wichtigere Dinge zuerst erledigen – solche Ersatzhandlungen seien die Folge negativer Gefühle und Hemmungen. Mit Erinnerungen an positive Erlebnisse, beispielsweise das Lob zufriedener Kunden, lasse sich das Stimmungsbarometer wieder in die Höhe treiben. „Manchmal fällt es schwer, den Schalter einfach umzulegen. Im Notfall ist es völlig in Ordnung, vor einem wichtigen Anruf seinen negativen Gefühlen bei einer kurzen Selbstmitleidsparty freien Lauf zu lassen“, meint Claudia Fischer. Doch nach ein paar Minuten sei es dringend notwendig, diesen Anflug von Weltschmerz aktiv zu beenden. „Ähnlich wie bei einem abgestürzten Computer ist das Heilmittel ein kompletter Neustart – sowohl psychisch als auch physisch.“ Kurz aufstehen, den Raum verlassen und dann mit Elan und neuer Energie das Telefonat in Angriff nehmen. „Ist dieser Neustart gelungen und fühlt sich der Anrufer bereit, sollte er – ohne sich ablenken zu lassen – en bloc den Ziel- und Zeitplan durchziehen.“ Ein Tipp der Expertin für die Nachbereitung eines Telefonats: Wer seine Erfolgserlebnisse in einer Art „Statistik“ sammelt, der hat damit die ideale Basis für die mentale Vorbereitung auf die nächsten Gespräche. Und das Bonbon: Nach einem erfolgreichen Telefonat dürfe sich der Anrufer ruhig belohnen. Das schaffe ein positives Grundgefühl, das langfristig anhalte und für die Zukunft motiviere. „Es mag vielleicht auf den ersten Blick etwas übertrieben erscheinen, aber es funktioniert!“