Zauberwort „Kundenkontaktpunkt“

Wenn Unternehmen – was ja durchaus Sinn macht – über die Optimierung Ihrer Serviceleistungen nachdenken, steckt dahinter oft (zu) wenig System. Anlass sind häufig Kundenkritiken – oder sinkende Umsätze. Und von diesem singulären Ereignis oder einer konkreten Engpass-Situation aus wird dann über Service-Optimierungsmöglichkeiten nachgedacht – meist mit wenig greifbaren Ergebnissen. Viel zielführender ist es meiner Ansicht nach, systematisch an das Thema Service heranzugehen.

Gute Ausgangspunkte für Service-Optimierungs-Brainstormings sind unter anderem die so genannten „Customer Touchpoints“ oder auf gut Deutsch die „Kundenkontaktpunkte“. Mit diesen bezeichnen Marketingexperten die Stellen/ Situationen, bei denen tatsächlich direkte Kontakte zum Kunden bestehen. Zu denken ist dabei z.B. an den Telefonkontakt, das Außendienstler-Gespräch, den Kontakt im Ladenlokal etc. Um diese Kundenkontaktpunkte geht es! Deshalb sollte von dort aus auch über Optimierungsmöglichkeiten nachgedacht werden. Doch wie soll das ganz konkret gehen?

Anthony Tjan, CEO der Venture Capital-Firma Cue Ball, empfiehlt dafür die Anwendung der von ihm so bezeichneten „Drei-Minuten-Technik“. Sie funktioniert folgendermaßen: Stellen Sie sich ganz genau vor, was Ihre Kunden jeweils drei Minuten bevor und in den drei Minuten nachdem sie mit Ihrem Unternehmen, Ihrem Produkt/Dienstleistung oder mit Ihren Mitarbeitern Kontakt hatten, getan haben. Exakt in dieser Zeitspanne wird die Servicewahrnehmung der Kunden geprägt – und exakt in dieser Zeit haben Sie Gelegenheit, diese Servicewahrnehmung positiv zu beeinflussen.

In dem Blog www.best-practice-business.de las ich vor kurzem einen Beitrag unter der Überschrift „Der erste und der letzte Eindruck zählen“, und darin werden Erfahrungen dargestellt, die die Sinnhaftigkeit der Drei-Minuten-Regel eindrücklich bestätigen. Blog-Autor Burkhard Schneider wörtlich: „Heute war ich z.B. erst bei Aldi und dann bei Rewe einkaufen. Der letzte Eindruck bei Aldi war überzeugend. Obwohl heute wegen Ostern großes Gedränge war, ging alles an der Kasse extrem schnell, weil die Kassiererinnen sehr fix waren und genug Kassen geöffnet waren. Trotz der Zeitnot wurden mir frohe Osterfeiertage gewünscht, und ich bin entspannt nach Hause gefahren, weil alles sehr schnell ging. Bei Rewe dagegen betrug die Wartezeit an der Kasse doppelt so lange, obwohl im Geschäft nicht einmal die Hälfte der Menschen waren wie bei Aldi vorher. Wie kann man nun den letzten Eindruck im Geschäft optimal gestalten? Man kann z.B. die Kassierer, wie bei Aldi üblich, regelmäßig schulen, so dass sie einfach schnell sind. Zudem sollte man lange Rollbänder anbieten, so dass der Wartende schon frühzeitig beschäftigt ist, indem er die Waren auf das Band stellt.“

Ein anderes Beispiel für die Berechtigung dieses Denkansatzes habe ich in einem Beitrag von www.business-wissen.de gelesen. Demnach stellten die Entscheider von Thomson Reuters (einem Anbieter von Wirtschaftsinformationen) fest, dass viele ihrer Kunden die übermittelten Daten in Excel-Listen importieren, um daraus z.B. Schaubilder zu generieren oder die Daten einfacher für viele Nutzer zugänglich machen zu können. Nachdem Thomson Reuters dieses Verhalten erkannte, entwickelten sie ein spezielles Excel-Plugin, um den Import von Daten für die Kunden zu vereinfachen. Der dadurch erzielte Effekt war enorm: Der Umsatz mit den Daten legte ganz erheblich zu.

Fakt ist jedenfalls, dass es sich lohnt, die Kundenkontaktpunkte akribisch zu analysieren und im zeitlichen und räumlichen Umfeld nach Optimierungsmöglichkeiten zu suchen.

Doch Vorsicht, falls Sie international agieren! Die Service-Erwartungen von Kunden unterscheiden sich durchaus drastisch, je nachdem, aus welchem Kulturkreis diese jeweils entstammen! Auf www.cio.de bin ich auf die Darstellung einer Studie gestoßen, die diese Unterschiede mit konkreten Zahlen belegt. Beispiel gefällig?

Während es in Großbritannien für gerade einmal 4% aller Kunden von großer Bedeutung ist, einen Geschäftspartner einfach erreichen zu können, hat dieses Kriterium in Deutschland eine signifikant höhere Bedeutung. Bei uns ist dies 10% aller Kunden wichtig oder sehr wichtig!

Hier ein positives Beispiel. Heute Abend um 20:45 Uhr hörte ich eine mit außergewöhnlich charmant gesprochener Stimme eine Bandansage: „Herzlich Willkommen bei <Firmenname>. Wir freuen uns über Ihren Anruf, auch wenn wir so spät damit nicht gerechnet haben. Bitte hinterlassen Sie uns Ihre Nachricht. Wir sind morgen früh ab 9 Uhr für Sie da und rufen Sie schnellstens zurück. Danke für Ihren Anruf und einen schönen Abend für Sie.“  Die Erreichbarkeit ist in diesem Fall durch den Anrufbeanter auch abends und nachts asichergestellt, die Ansage klang einladend und positiv.  Weitere Tipps, wie  Sie  am Telefon positiv punkten,  finden Sie auch in meinen Büchern.

Und ein weiteres Beispiel: Während Spanier und Italiener ihrem Ärger bei einem Problem mit einem Unternehmen, Produkt oder einer Dienstleistung zu 51% möglichst sofort Luft machen wollen – spielt eine solche „Dampfablass-Möglichkeit“ für Niederländer mit einem Durchschnittswert von 22% eine deutlich untergeordnetere Rolle.